Eins vorweg: Wäre ich US-Amerikaner, hätte ich nicht Donald Trump gewählt.
Mir war bis zum 8. November 2016 nicht bewusst, dass Menschen mit dem Charisma und dem politischen Feingefühl eines Nacktmulls – eines rassistischen und frauenfeindlichen Nackmulls wohlgemerkt – Präsident der Vereinigten Staaten werden können.
Aber hier geht es weder um mich, noch um Politik. Es geht um Kommunikation.
Und was, wenn nicht Kommunikation hat zum Sieg des organgefarbenen Barden mit der Fifi-Frisur geführt.
Dieser Beitrag ist also für Sie, wenn Sie über Ihren Schatten springen und die Sache distanziert betrachten können. Oder wenn Sie Trump-Sympathisant sind. Letzteres sei Ihnen verziehen. Also nicht von mir jetzt direkt. Aber grundsätzlich.
Durch folgende 3 Dinge haben Trump und sein Beraterstab den Erfolg eingefahren und werden America wieder great machen. Nun ja. Sind wir gespannt.
Jedenfalls können wir daraus etwas lernen. Immerhin.
Donald-Trump-Karikatur von Donkey Hotey, Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic
Es ist ein alter Hut.
Menschen sind vornehmlich emotionale Wesen. Sie reagieren schneller auf eine emotionale Ansprache als auf wohlüberlegte, logische Ausführungen.
Der Psychologe Daniel Kahneman unterscheidet diesbezüglich 2 Denksysteme:
Wenn man so will, hat Trump nur System 1 seiner Zuhörer angesprochen. System 2 war ihm schnurz. (Vermutlich hätte er es auch nicht können, denn um die Ratio eines Zuhörers anzusprechen, braucht man selbst ein rationales Programm.)
Roger Dooley von neurosciencemarketing.com hat hier ein schönes Beispiel genannt: die Einwanderungsdebatte.
Was sagt Hillary Clintons Programm dazu? Nun, hier folgt es (nein, Sie müssen es nicht ganz lesen, um zu verstehen, worauf ich hinaus will):
Uff! Das bedeutet Arbeit, sich da durchzuarbeiten, was?
Ganz so, als wäre die Einwanderungsfrage komplex. Was sie natürlich auch ist.
Nur: Menschen wollen einfache Lösungen. Schnelle Lösungen. Lösungen, die so simpel sind, dass sie deren Wirksamkeit gar nicht infrage stellen.
Was sagte also Trump dazu, wie er der Einwanderungsproblematik begegnen will? Nun, ich zitiere:
I will build a great, great wall on our southern border. And I will have Mexico pay for that wall.Donald Trump, 16. Juni 2015
Er baut eine Mauer. So einfach ist das.
Und sollte einer seiner simpel gestrickten Zuhörer, die geradezu geil auf einfache Lösungen sind, doch den Schritt machen und weiterdenken (nämlich an ihr geliebtes Erspartes), hat Mr. Trump auch gleich dafür die Lösung parat: Andere (sprich: Mexiko) zahlen dafür.
In diesem einfachen Satz kombiniert Trump mehrere äußerst emotionale Faktoren:
Aber es gibt dennoch etwas, was man daraus lernen kann. Auch wenn man selbst einen moralischen Ansatz verfolgt.
Lektion: Versuchen Sie in Ihren Texten, in Ihrem Marketing zu allererst die Emotionen anzusprechen. Das ist der beste Türöffner.
Deshalb reite ich immer wieder auf der Zielgruppe rum. Nur, was die Zielgruppe wirklich bewegt, ist interessant für sie. Finden Sie die echten Probleme, Sorgen, Nöte und Ängste heraus.
Erklären Sie nicht Ihr Unternehmen, sondern zeigen Sie, wie Sie die Welt des Kunden verbessern. Schöner machen. Lebenswerter machen. Unkomplizierter machen.
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Man mag mir hier widersprechen. Aber es ist doch („leider“ möchte man sagen) so, dass sich Donald Trump immer treu bleibt.
Egal, wo er auftaucht, polarisiert er. Weil er so ist, wie er ist.
Unter anderem eben auch durch Aussagen wie oben. Er sieht die Gefahr von außen kommend. Er spricht die tief sitzende Angst vor Terror an. Hinzu kommt die Cowboymentalität: Ist ein Claim einmal
abgesteckt, wird jeder der uneingeladen einen Fuß darauf setzt, erschossen vertrieben. So ist das, wenn America great again ist, offensichtlich.
Er versucht nicht, jedem zu gefallen. Er will seine glühenden Anhänger weiter anstacheln. Und wer vielleicht noch überlegt, den will er ködern.
Der Rest ist ihm egal. Demokraten, Liberale, Grüne? Drauf gepfiffen!
Frei nach George W. Bush: „Entweder Du bist für uns oder Du bist für die Terroristen.“
Lektion: Wenn Sie authentisch kommunizieren, brauchen Sie sich weniger Gedanken über den Tonfall Ihrer Nachricht zu machen. Wenn Sie – wie Donald Trump – getestet haben, dass Ihre Botschaften Anklang finden, sprechen Sie Ihre Zielgruppe konsequent so an.
Authentisch sein alleine bringt erst einmal natürlich nichts. Ihre Zuhörer/Leser/Kunden müssen Sie erst einmal überhaupt verstehen.
Daher: Halten Sie Ihre Aussagen so einfach wie möglich.
Während man sich bei extremen Vereinfachungen wie „Ich ziehe eine große, große Wand hoch“ tatsächlich fragt, warum das jemand eins zu eins glaubt, steckt hier doch eine Chance darin.
Ich habe bereits hier erklärt, warum zu viel Professionalität schädlich sein kann. Das ist damit gemeint. Machen Sie es für Ihre Kunden nicht unnötig schwer.
Aber das Beste folgt erst: Eine simple Sprache ist nicht nur besser verständlich.
Sie ist laut der sogenannten Fluency-Theorie auch glaubwürdiger.
Rolf Reber und Norbert Schwarz ließen ihre Probanden beispielsweise den Wahrheitsgehalt von Sätzen wie »Osorno liegt in Chile« oder »Lima liegt in Peru« einschätzen. Manche Behauptungen waren in blassen Farben geschrieben, die vor dem weißen Bildschirmhintergrund nur schwer zu sehen waren, andere in kräftigen, leicht zu erkennenden Farben. Waren die Sätze gut lesbar, also flüssig zu verarbeiten, stimmten die Probanden der Aussage eher zu – unabhängig davon, ob sie stimmte oder nicht.Gehirn & Geist 1-2 2009
Das ist genau das, was wir wollen. Also nicht, dass Falschaussagen für bare Münze genommen werden, sondern dass wir mit unseren (wahren) Aussagen auch glaubwürdig rüberkommen.
Denn nur, weil Sie etwas behaupten, muss es ja nicht stimmen.
Lektion: Drücken Sie sich so komplex wie nötig, aber so einfach wie möglich aus. Zwingen Sie Ihre Kunden nicht unnötig zum Denken. Marketingtexte sind dafür das falsche Medium.
Was lernen wir aus der ganzen Geschichte?
Emotionen sind der beste Türöffner zu Menschen. Es gibt sicher Ausnahmen. Aber selbst die meisten selbsternannten „Kopfmenschen“ sprechen besser auf Gefühle an, als sie denken.
Und vergessen Sie nicht: Sie müssen Ihre Botschaften nicht wie Mr. Selbstbräuner lediglich auf Hass und Angst münzen. Liebe, Zugehörigkeit, Geborgenheit, Beliebtheit, Gemeinschaft ... auch das sind alles Grundlagen für emotionale Texte.
Also werden Sie aktiv! Machen Sie Ihre Texte emotionaler! Verkaufen Sie nicht ein Produkt oder eine Dienstleistung, verkaufen Sie ein Lebensgefühl, eine bessere (ästhetischere, einfachere, gesündere) Welt. Seien Sie Inspiration, indem Sie eine Sprache benutzen, die Menschen verstehen. Seien Sie Sie selbst.
Und bitte: Nutzen Sie Ihre Talente für das Gute in der Welt. Für Zusammenhalt. Für Frieden. Für Übereinkunft. Für Gemeinschaft.
Selbst mit Ihrem Marketing, mit Ihren Texten können Sie das tun. Machen Sie die Welt bunter, freundlicher.
Das gelingt.
Wenn Sie IHRE Sprache finden.
Trauen Sie sich?
PS: Bleibt zu hoffen, dass der Rest der Welt, die gerade einen gewaltigen Rechtsruck erfährt, daraus lernt.
Wir selbst haben es derzeit mit Demagogen zu tun, die die niederen Instinkte ansprechen. Menschen ausgrenzen und für mehr „gegen“ sind.
Bleibt abzuwarten, wie unsere politische Landschaft im nächsten Jahr aussieht. Wenn man sieht, wie „einfach“ es sein kann, Politik zu entmenschlichen, graut’s mir.
Bleiben Sie wach und bewusst.